Ginkgo

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb ich mir den Ginkgo als Symbol für mein Qi Gong ausgesucht habe und ich mich quasi unter seinen Schutz stelle.

 

Er wird beschrieben als robuster Baum, widerstandsfähig, keine Schädlinge wagen sich an ihn. Er ist anspruchslos gegenüber dem Klima.

Vielleicht ist der Ginkgo, dieser Fächerblattbaum, wirklich die älteste Baumpflanze unseres Kosmos. Der Paläobotaniker Sir Albert Steward beobachtete: “Der Ginkgo ist ein Weltenbaum, der die Geheimnisse einer unermesslichen Vergangenheit bewahrt“. So wie das Qi Gong tief in die Geschichte und die Geheimnisse der chinesischen Kultur hineinreicht.

Er wuchs bis kurz vor der Eiszeit in unseren Breiten und rettete sich vor 1 Million Jahren ins wärmere Ostasien. Ende des 18. Jahrhunderts wurde er vom Botaniker Engelbert Kaempfer wieder nach Europa geholt. Auch hier eine Parallele: so wie der Baum vom Osten in den Westen kam und hier Fuß fasste, kam das Qi Gong vom Osten in den Westen und wird hier immer bekannter und anerkannter.  Der Baum und die Bewegungsmethode sind Brücken geworden zwischen Ost und West.

 

Da ist auch, ganz wichtig, die faszinierende Widerstandskraft dieses Baumes. In Hiroshima war ein Ginkgo, der nur 800 m vom Epizentrum der  ersten Atombombe entfernt stand, völlig zerstört worden. Ein Jahr nach dem Abwurf der Bombe, im folgenden Frühling 1946, trieb ein frisches Reis aus dem alten, verdorrten Wurzelstock. Danach begann die medizinische Wissenschaft, den Ginkgo zu untersuchen und entdeckte seine Heilkräfte.

 

Die schlichte Schönheit dieses Baumes mit dem schlanken Wuchs des Stammes, den ausgebreiteten Ästen und den fächerförmigen Blättern, die je nach Jahreszeit, ihr Farbe ändern, beeindruckt. Bei der Grundübung „Stehen wie ein Baum“ kann man sich gut einen Ginkgo vorstellen.

 

Die Zweigeteiltheit der Blätter und die Zweihäusigkeit des Baumes (es gibt männliche und weibliche Bäume), lassen Parallelen ziehen zum Prinzip des Yin und Yang, das tief in der chinesischen Philosophie verwurzelt ist und auch im Qi Gong eine wesentliche Rolle spielt. Dieses dialektische Prinzip durchdringt den gesamten Kosmos und besagt, dass alle gegensätzlichen Erscheinungen einander wechselseitig bedingen und umwandeln. Im Qi Gong erleben wir es z. B. im Aus- und Einatmen, Heben und Senken, Öffnen und Schließen, Innen und Außen, usw.

 

Nicht zuletzt ist da noch Goethe mit seinem Gedicht aus dem West-Östlichen Divan. „Dass ich Eins und Doppelt bin“ drückt für mich ebenfalls diese Polarität des Yin und Yang aus, auch ein gewisses Gespaltensein, das unser Menschsein so oft ausmacht.

 

Marianne Beuchert schreibt, dass der Ginkgo Symbol ist für Hoffnung, langes Leben, Fruchtbarkeit, Freundschaft, Anpassung, Unbesiegbarkeit. In diesem Sinne möge auch Qi Gong geübt werden und wirken!!

 

 

Quelle: Siegfried Unseld, „Goethe und der Ginkgo“, Insel-Bücherei